In seinem Leben und in seiner Kunst repräsentiert Gabriel Glikman das ganze 20. Jahrhundert. Expressionismus, Kubismus, russische Avantgarde, Futurismus sind seine Ausgangserfahrungen. Er hat sich von ihnen anregen lassen, ist aber nicht in ihnen aufgegangen. Seine Bilder, Zeichnungen und Plastiken spiegeln eine Mehrzahl künstlerischer Ausdrucksformen mit eigenem Stilcharakter wider.
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... Gabriel Glikman malt dagegen hauptsächlich abstrahierend expressiv und teilweise kubistisch. In Abhebung von der narrativ-assoziativen Art seines berühmten Landsmannes Marc Chagall, den Glikman in seiner Jugend noch selbst erlebt hat, stellt er mehr die Einzelpersönlichkeit heraus und schafft Porträts berühmter Künstler, ... aber auch von Handwerkern und von Heiligen. Glikman versucht vor allem die psychisch-geistige Struktur dieser Persönlichkeiten zu erfassen und sie expressiv wiederzugeben. Er malt weniger das Sichtbare, sondern macht sichtbar, indem er die Wesensstruktur, den geistigen Charakter herausarbeitet. Von daher besteht Verwandtschaft mit den Künstlern des "Blauen Reiter", mit Franz Marc und Paul Klee, die "geistige Güter" vermitteln wollten. Er bleibt aber am erkennbaren Gegenstand. Geistige und psychische Zustände als solche sind ebenfalls Themen, die Glikman an bestimmten Gestalten herausstellt: das Gebet, die Einsamkeit, "das Requiem", Reue, Schuld und Sühne, die Mißgunst - hier namentlich von Saul zu David. Ein melancholischer Zug, der auch die Fähigkeit zum Leiden ausdrückt, ist in mehreren Gestalten unverkennbar.
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8. Mai 1998